Einmal hat die Oma, hat der Opa...
Auf der Suche nach der Welt der Großeltern
von Erdmuth Peham
Angeregt
vom Artikel „Einmal hat der Großvater…“ in der
Rubrik „LeseZeichen“ (bn 4/2006) startete ich mit der dritten
Klasse Volksschule, die meine Enkelin besucht, ein Projekt, in dem die
Großeltern der Kinder durch Erzählen zu Wort kommen.
Im Jänner kam nach Vorgesprächen mit der Lehrerin die Klasse
zu mir in die Bücherei Grieskirchen. Zunächst stellte ich das
Buch von Heinz Janisch „Rote Wangen“ vor. Anhand der Geschichte
erinnerten sich die Kinder spontan an besondere Erlebnisse mit ihren Großeltern,
Eltern und Geschwistern.
Dann versuchten wir den Erzählfluss in Farbe auf Papier zu bringen,
es entstanden viele bunte Erzählstreifen. Jedes Kind wählte
nur eine Farbe und trug diese in Form eines langen Streifens, dicker oder
dünner, in ruhigen oder auch bewegten Wellenlinien auf. Die großen
Papierbögen ergaben am Boden aufgelegt ein fröhlich-buntes Bild.
Im Februar blickten die Kinder im Rahmen des Deutschunterrichts zurück
in die Vergangenheit, auf den Beginn ihres Lebens. Es entstanden viele
interessante Blätter mit Babyfotos und Berichten über ihre Geburt
und ihre ersten Lebensjahre, die auf einer Pinnwand im Gang der Volksschule
präsentiert wurden. Hier fanden sich Sätze wie:
Obwohl ich viel geweint habe und meine Eltern nicht schlafen konnten, hatten sie mich sehr lieb.
Hier sieht man vier Generationen beim Teetrinken, meine Uroma, Oma, Mama und mich.
Im März führte uns unsere gemeinsame Reise in die Vergangenheit, hinein in das Leben von Oma und Opa. Die Kinder bildeten einen großen Erzählkreis, in dessen Mitte auf einem kleinen roten Teppich ein Erzählstein lag. Kinder, die sich den Erzählstein holten, durften sich zu Wort melden. Alle Kinder hatten Bilder von Oma und Opa mit: viele alte Schwarzweißfotos aus Alben oder Fotokopien, die dann reihum bewundert wurden. Dazu gab es eine ganz persönliche Geschichte von damals, die ihnen Oma oder Opa erzählten. Ein Kind nahm sogar zwei schwere alte Bügeleisen und eine Sturmlaterne mit! Diese Gegenstände wurden begeistert, von witzigen Kommentaren begleitet, im Kreis herumgereicht.
Nachdem meine Enkelin ihre Geschichte vorgelesen hatte, beantwortete ich Fragen zum Leben von damals. Die Erzählbewegung sowie der Geschichtenfluss von Opa und Oma zum Enkelkind ließen sich gut beobachten. Aus den Erzählungen war bei genauem Hinhören der Stellenwert der Großeltern, die regelmäßige Beziehung oder das Bedauern, keine Großeltern zu besitzen bzw. nur sporadischen Kontakt zu haben, deutlich spürbar. Die Kinder trugen ihre Geschichten je nach Temperament und Talent spannend, witzig, lebendig, stockend, aber auch unsicher oder scheu vor.
Abschließend wurden die vorgetragenen Texte auf ein schönes
Blatt in Reinschrift übertragen und die wertvollen alten Fotos oder
Fotokopien in den Text integriert und aufgeklebt. Nun können die
gesammelten Texte an der großen Pinnwand bewundert werden und sind
so eine wunderbare Anregung für ähnliche Projekte! Nach einem
Monat werden die Texte abgehängt und in einer Gemeinschaftsarbeit
mit den Kindern zu einem Buch verarbeitet. Dieses Buch und die bunten
Erzählflüsse werde ich beim Sommerseminar LebensSpuren vom 12.-14.
Juli 2007 in Salzburg präsentieren!